Lieferengpässe und steigende Preise im Bausektor
So wirkt sich der Konflikt in der Ukraine aus
Die deutsche Bauwirtschaft unterstützt ausdrücklich die Sanktionen, die gegen Russland verhängt wurden. Dennoch führen diese Sanktionen zu einer weiteren Belastung im Bausektor.Lieferengpässe sind aus unterschiedlichen Gründen wahrscheinlich. Viele LKW-Fahrer stammen aus der Ukraine und befinden sich jetzt im Kriegsdienst. Zudem sind nicht mehr alle Transportwege nutzbar oder sicher. Des Weiteren sorgen steigende Spritpreise für eine große finanzielle Belastung der Speditionsunternehmen.
Dies wirkt sich vor allem auf die Verfügbarkeit und Preise von Holz und Stahl aus. Russland, Belarus und die Ukraine zählen zu den weltweit größten Holzproduzenten. Die Embargosituation mit Russland bestand schon vor dem Krieg und hatte dazu geführt, dass Sibirische Lärche für Keilstülpschalungen, Terrassendielen usw. nicht mehr lieferbar war. Als Alternative konnte hierfür Gebirgslärche aus Österreich verwendet werden, die jedoch deutlich teurer ist. Außerdem könnte es erneut zu einer Materialknappheit von Bauholzprodukten wie KV, Dachlatten usw. kommen. Hier hatte sich das Angebot zuletzt trotz hoher Preise wieder etwas stabilisiert.
Besonders betroffen von den Lieferengpässen sind zudem Stahl und Stahlerzeugnisse wie Außenfensterbänke aus Aluminium, alle Arten von Blechen, Dachfallrohre und -rinnen sowie andere Aluminiumprodukte. Rund 30 Prozent des in der EU verarbeiteten Baustahls stammt aus Russland, Weißrussland oder der Ukraine. Bereits in den letzten beiden Jahren befanden sich die Stahlpreise durch die gestiegenen Energiekosten auf Rekordniveau und ein Ende der Preisspirale ist aufgrund der Ukraine-Krise noch nicht erreicht. Gleichwertige Alternativlösungen gibt es in diesem Bereich kaum. China und Indien könnten den Wegfall des russischen Stahls möglicherweise kompensieren, allerdings sorgen auch hier die gestiegenen Frachtraten für eine deutliche Preissteigerung.
Bereits bestehende Lieferengpässe, wie bei der Versorgung mit Steuerungschips für die Wärmepumpen, Beschlägen für Fenster und Türen oder durchgefärbten Kunststofffenstern werden sich vorerst nicht regulieren. Es ist mit noch längeren Lieferzeiten zu rechnen.
Alternativprodukte und Handlungsempfehlungen
Sind Produkte nur stark verspätet, überteuert oder überhaupt nicht lieferbar, bietet sich in vielen Fällen das Ausweichen auf Alternativprodukte an. So können vorübergehende Lieferengpässe bei Holz- und Hanffaserdämmung beispielsweise durch einen Wechsel auf Zellulosedämmung, Schafwolle oder weitere Alternativen ausgeglichen werden. Armierungsstahl für die Erstellung von Bodenplatten lässt sich beispielsweise bis zu einem gewissen Grad durch die Verwendung von Faserbeton auf der Basis von Kunststofffasern ersetzen. Generell ist es in der aktuellen Lage wichtig, den Markt im Auge zu behalten, um gegebenenfalls in der Lage zu sein, schnell und flexibel reagieren zu können. Hier zahlt es sich für den Laien unter Umständen aus, einen Baubetreuer, Bauleiter oder Architekten mit guter Marktkenntnis und Erfahrung an seiner Seite zu haben.Was können Firmen und Bauherren sonst noch tun?
Damit die Kosten für Bauherren kalkulierbar bleiben, wären möglichst lange Preisbindungen sinnvoll. Diese sind aktuell jedoch kaum durchsetzbar, da die Preise täglich stark schwanken. Viele Baustofflieferanten garantieren verständlicherweise schon jetzt keine Preise mehr. Einige Lieferanten nehmen überhaupt keine Anfragen mehr an. Der Ruf nach der durchgängigen Vereinbarung von Stoffpreisgleitklauseln, selbst in bestehenden Verträgen, wird lauter. Über eine solche Regelung kann sich ein Bauunternehmen rechtlich absichern, falls es während der Ausführungen zu weiteren Preissteigerungen kommt.Manchmal besteht auch die Möglichkeit, Materialien zum aktuellen Preis beim Händler zu reservieren und diese erst zu einem späteren Zeitpunkt abzurufen oder Produkte deutlich vor der Verarbeitung ausliefern zu lassen und diese zwischenzeitlich einzulagern. Aufgrund der dynamischen Situation sind Vorhersagen aber schwierig und es ist aktuell kaum abzusehen, in welche Richtung sich Preise und Verfügbarkeiten entwickeln.
Autor:
Christian Schaar ist Geschäftsführer der S2 GmbH. Seine baubiologischen Kenntnisse erlangte er durch den täglichen Umgang mit Problemen der Baubiologie in verschiedenen Unternehmen des ökologischen Holzbaus. Als Geschäftsführer eines Planungsbüros, dessen Schwerpunkt ebenfalls der ökologische Holzbau ist, wird er bei Neubauprojekten und Sanierungen regelmäßig mit baubiologischen Fragestellungen konfrontiert und als Experte auf diesem Gebiet konsultiert.
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